2023
Fachtagung
Wohnungslosenhilfe 2023
Spannende Vorträge und Diskussion
Am 26.6.2023 veranstaltete die Wohnungslosenhilfe OÖ nach 2019 ihre zweite Fachtagung an der Fachhochschule Linz. In diesem Jahr wurde das Thema Wohnungslosigkeit aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Rund 160 Teilnehmer*innen folgten den Präsentationen, Vorträgen und Diskussionen.
zuhause ankommen

Den Beginn des Tages machte die Vorstellung des housing first-Projektes „zuhause ankommen“ der BAWO in Oberösterreich. Die Präsentation erfolgte durch Emine Özkan (BAWO), Projektleiterin „zuhause ankommen“, Herwig Pernsteiner (Vorstandsvorsitzender der ISG, Obmann-Stv. des Verbandes der Gemeinnützigen Bauvereinigungen) sowie Stefan Hindinger (Leiter Mosaik-Wohnungssicherung/ Notschlafstelle/ Integration, Obfrau-Stv. der BAWO), Projektkoordinator „zuhause ankommen“ für OÖ. Die Initiative hilft nach dem international erfolgreichen Housing First-Ansatz: Betroffene armuts- oder ausgrenzungsgefährdete Menschen erhalten dabei direkten Zugang zu einer eigenen Wohnung und Betreuung durch Sozialarbeiter*innen nach Bedarf. Auf Bundesebene wird „zuhause ankommen” von der BAWO koordiniert. Die Vermittlung von Wohnungen und Sozialarbeit leisten 20 Sozialorganisationen in den Bundesländern. Über 70 gemeinnützige Bauvereinigungen stellen Wohnraum zur Verfügung. Das vom Sozialministerium geförderte Projekt, an dem in Oberösterreich alle Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe teilnehmen, endete am 30. April 2023. Präsentiert wurden bundes- und landesweite Erfolge, Erfahrungen und Hindernisse aus zwei Jahren „zuhause ankommen“ und es wurde die Fortführung von Housing First in Oberösterreich thematisiert.
psychische Erkrankungen

Der zweite Vortrag des Vormittags widmete sich dem Thema „Psychisch krank und ohne Wohnung - Die Zusammenhänge zwischen Armut, Wohnungs- oder Obdachlosigkeit und psychischen Erkrankungen“. Präsentiert wurde von Dr. Thomas Zaunmüller, Facharzt für Psychiatrie. Er zeigte auf, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen ein deutlich höheres Risiko haben, einen sozialen Abstieg und damit Armut, Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu erleiden. Betroffen ist nicht mehr die kleine Risikogruppe ältere Männer mit Alkoholabhängigkeit, sondern in den letzten Jahren Männer und Frauen aller Altersgruppen. Psychische Erkrankungen sind bei Obdachlosen häufig. Zur Stabilisierung gehören laut Zaunmüller, neben psychiatrischen, psychologischen und psychotherapeutischen Behandlungen, vor allem auch die Sozialarbeit. Diese unterstütze bei der Beendigung von Wohnung- und Obdachlosigkeit sowie bei der Arbeitssuche. Wohnraum, finanzielle Absicherung sowie Arbeit seien die Schlüssel zur Reintegration.
Diskussion

Den Nachmittag eröffnete die Theatergruppe der ARGE für Obdachlose mit einem kleinen Theaterstück, welches eindrucksvoll und unter „Standing Ovations“ am Ende zur Wahrung der Menschenrechte aufrief. Im Anschluss folgte eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zu Herausforderungen in der Sozial- und Wohnpolitik in OÖ. Am Podium diskutierten Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer, Landeshauptmann-Stellvertreter sowie Wohnbau-Landesrat Manfred Haimbuchner, Magdalena Danner, Vorsitzende der Sozialplattform OÖ, Prof. Christian Stark von der FH Linz mit Forschung und Lehre im Bereich Existenzsicherung und Wohnungslosigkeit und der Sprecher der OÖ Wohnungslosenhilfe, Christian Gaiseder.
Frauenarmut

Den Abschluss des Tages machte Barbara Blaha, Leiterin des Momentum Instituts mit ihrem Vortrag zum Thema „Wohnungslosigkeit und Frauenarmut“. Sie stellte fest, dass 568.000 Frauen in Österreich (13 %) von Einkommensarmut betroffen sind. Knapp die Hälfte davon lebt in akuter Armut und muss sich extrem einschränken. Besonders betroffen sind alleinerziehende Frauen, ihr Risiko in die Armut zu rutschen ist deutlich höher als für andere Gruppen. Auch die aktuelle Teuerungskrise trifft nicht alle gleich: Wer ärmer ist, hat mit einer höheren Teuerung zu kämpfen. In ihrem Vortrag zeigte Blaha was politisch nötig ist, um Frauen aus der Armut zu holen, wie unser Sozialstaat ausgebaut werden kann und was sich in der Arbeitswelt ändern muss, damit Frauen die gleichen Chancen auf ein Leben ohne Erwerbsarmut haben.
Rückblick in Bildern
alle Fotos: BAWO/Gerhard Schützinger