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Schulden sind kein von der Sozialhilfe abzudeckender Bedarf

In der Rechtsberatung taucht immer wieder das Argument auf, dass die betroffene Person doch auch Schulden habe. Muss das nicht berücksichtigt werden bei der Berechnung der Sozialhilfe?

Schulden sind kein von der Sozialhilfe abzudeckender Bedarf
Die Sozialhilfe dient der Überwindung einer sozialen Notlage und soll Unterstützung zum Lebens- und Wohnbedarf bieten. Das heißt, man bekommt Leistungen, die zur Verwendung für Miete, Heizung, Strom, sonstige Betriebskosten, Hausrat, Nahrung, Bekleidung und Körperpflege gedacht sind sowie Mittel für eine angemessene soziale und kulturelle Teilhabe. In der Vergangenheit eingegangene Schulden sind als solche kein von der Sozialhilfe abzudeckender Bedarf! Das ist ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Das heißt, grundsätzlich muss einmal nicht berücksichtigt werden, ob es auch Schulden gibt. Deshalb wird auch im Antragsformular gar nicht danach gefragt.

Ein Taschenrechner liegt auf dem Infoblatt zur Rechstberatung

Ausnahme: Schulden wirken sich auf die aktuelle Notlage aus

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sagt aber auch, dass es eine Ausnahme von der oben beschriebenen Regel gibt. Wenn sich die Schulden auf die aktuelle Notlage auswirken, sind sie bei der Berechnung der Sozialhilfe zu berücksichtigen. Gemeint ist damit beispielsweise eine laufende Lohnpfändung, durch die sich der tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommensbetrag für die betroffene Person verringert. Bei der Anrechnung des Einkommens ist der um die Pfändung verringerte Betrag heranzuziehen. Gleiches gilt auch für einen Ratenabzug (Aufrechnung) der PVA. Das hat der VwGH erst im November 2023 entschieden. Der Ratenabzug ist als einkommensmindernd zu werten, denn tatsächlich fließt der betroffenen Person ein geringeres Einkommen zu.

Wichtig zu beachten ist, dass aufgrund der Schulden wirklich weniger Einkommen zur Verfügung steht. Es muss sich also um eine exekutierbare Forderung handeln, die auch tatsächlich betrieben wird. Eine grundsätzlich bestehende Verbindlichkeit, auf die der Gläubiger auch noch (teilweise) verzichten könnte, die vielleicht nicht einmal tituliert ist, wird keinen Einfluss haben können auf die Berechnung der Sozialhilfe.

Richterhammer und Waage
Bild: 89Stocker

Tipp: Barauszahlung der Sozialhilfe bei Kontoüberzug!

Das Oö. Sozialhilfegesetz sieht vor, dass Leistungen auf ein Konto zu überweisen sind. Barauszahlungen sind in der Regel nicht vorgesehen. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen kann die Sozialhilfe aber ausnahmsweise bar ausbezahlt werden, so der Gesetzestext. Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel für so einen „berücksichtigungswürdigen Grund“ ausdrücklich eine Kontoüberziehung. Eine Überweisung auf ein überzogenes Konto könnte schließlich dem Zweck der Sozialhilfe, nämlich der Deckung des persönlichen Bedarfs, zuwiderlaufen. In dem Fall kann also eine Barauszahlung erfolgen. Allfällige Kosten dafür hat die Behörde zu tragen.

Bild von Euroscheinen

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Sozialplattform OÖ/Nell Leidinger

Rundbrief 4 24

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